Prozess gegen Harvey Weinstein wird in New York neu aufgerollt

In New York hat der neue Prozess gegen Harvey Weinstein mit der Auswahl der Geschworenen begonnen. Der heute 73 Jahre alte ehemalige Filmproduzent wird in diesem Verfahren beschuldigt, drei Frauen vergewaltigt oder sexuell genötigt zu haben. Weinstein war 2020 in New York schuldig gesprochen und zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil war im vergangenen Jahr aufgehoben worden, weil das Gericht Zeuginnen gehört hatte, deren Tatvorwürfe nicht Gegenstand der Klage waren. Laut den Berufungsrichtern hätten die Geschworenen so nicht mehr unbeeinflusst urteilen können. Weinstein war nach Aufhebung des Urteils aber nicht freigekommen, weil ihn ein kalifornisches Gericht 2022 wegen Vergewaltigung zu sechzehn Jahren Haft verurteilt hatte. Für den ersten Tag der Geschworenenauswahl war der Angeklagte anwesend – seine Begleiter schoben ihn im Rollstuhl in den Gerichtssaal, vor Beginn der Sitzung unterhielt er sich mit seinen Anwälten. Richter Curtis Farber rief anschließend zwei Gruppen potentieller Geschworener in den Saal, je etwa siebzig Personen. Farber stellte beiden Gruppen dieselben Fragen: ob dringende Verpflichtungen sie vom Geschworenendienst abhalten könnten etwa oder ob sie sich zutrauten, ausgewogen in einem Verfahren zu urteilen, über das breit in den Medien berichtet wurde. Am Ende des ersten Termins blieben noch etwa fünfzig Männer und Frauen übrig, die sich in den kommenden Tagen weiteren Fragen stellen werden. Mehr als 80 Frauen beschuldigen Weinstein In diesem Prozess geht es abermals um die Klagen von Miriam Haley und Jessica Mann, die Weinstein Vergewaltigungen und sexuelle Nötigung in den Jahren 2006 und 2013 vorwerfen. Hinzu kommt eine neue, bislang anonyme Klägerin, die nicht Teil des ersten Verfahrens war. Insgesamt beschuldigen mehr als achtzig Frauen den ehemaligen Filmproduzenten der sexuellen Gewalt oder Belästigung, darunter Prominente wie Ashley Judd, Rose McGowan und Gwyneth Paltrow. Dass das Urteil von 2020 zurückgenommen wurde, galt manchen Beobachtern als Rückschlag für die MeToo-Bewegung, die Opfer von Sexualdelikten und Belästigung unterstützt. Das Berufungsurteil von 2024 geht auf eine New Yorker Regelung zurück, nach der keine Zeugen zugelassen werden sollen, die über potentiell strafbares Verhalten berichten, das nicht Gegenstand eines Verfahrens ist. Politiker und Juristen streiten über diese Vorschrift: Kritiker bemängeln, dass sie veraltet sei, weil Verhaltensmuster von Beklagten nicht transparent gemacht werden könnten. Außerdem halte sie Opfer von Gewalt davon ab, ihre Erfahrungen publik zu machen. Befürworter der Regelung heben hervor, dass sie alle Angeklagten davor schütze, vorverurteilt zu werden. In sechzehn anderen Bundesstaaten, darunter Kalifornien, sind die sogenannten Molineux- oder Charakter-Zeugen erlaubt. Im Bundesstaat New York läuft eine entsprechende Gesetzesinitiative. Weinsteins Verteidiger gibt sich optimistisch Weinstein hatte nach der Festsetzung des neuen Verfahrens schon im September auf „nicht schuldig“ plädiert. Sein Verteidiger gab sich zum Auftakt des Prozesses optimistisch. „Es ist heute ein ganz anderer Vibe im ganzen Land“, zitierte CNN den Anwalt Arthur Aidala. „In unserem Land und in der Welt sind die Prioritäten heute andere, und ich denke, dass das Herrn Weinstein in eine viel bessere Position bringt, wenn es darum geht, einen fairen Prozess vor einer fairen Jury zu bekommen.“ Aidala erklärte nicht, welche veränderten Prioritäten er genau meinte. Anwältin Gloria Allred sagte, dass es für ihre Klientin Miriam Haley traumatisch sei, in einem weiteren Prozess aussagen zu müssen. Alle Klägerinnen müssten dafür Mut und Kraft aufbringen, so Allred gegenüber Reportern.