Menschenfänger Heynckes? In Gladbach lehrte er die Spieler das Fürchten

Menschenfänger Heynckes? In Gladbach lehrte er die Spieler das Fürchten Von: Florian Bajus Drucken Teilen Beim FC Bayern hat Jupp Heynckes für den Umgang mit den Stars riesige Wertschätzung erfahren. Der 79-Jährige war aber nicht immer ein Menschenfänger. Mönchengladbach/München – Bis heute wird beim FC Bayern von Jupp Heynckes geschwärmt. Neben dem sportlichen Erfolg wird dabei häufig der Umgang des Ex-Trainers mit seinen Spielern betont. Große Lobeshymnen vom FC Bayern Das Ensemble des deutschen Rekordmeisters hinter sich zu bringen, ist keine einfache Aufgabe. Heynckes verstand es wie kaum ein anderer Trainer, exzentrischen Künstlern wie Franck Ribéry Streicheleinheiten zu verpassen und sie gleichzeitig zu ihrer Höchstform zu treiben. „Er hat die Gabe, in Menschen einzutauchen, er ist ein Menschenfänger der besten Art und Weise“, sagte der frühere Technische Direktor des FC Bayern, Michael Reschke (2014 bis 2017), vor vielen Jahren über Heynckes, der in der Saison 2017/18 nach der Entlassung von Carlo Ancelotti überraschend an die Säbener Straße zurückgekehrt war. Jupp Heynckes hat besonders zu Uli Hoeneß seit Jahrzehnten ein gutes Verhältnis. © IMAGO / ActionPictures Zu Beginn seiner Trainerlaufbahn zog der Ex-Stürmer, dem Borussia Mönchengladbach eine Sonderausstellung unter dem Titel „Torjäger, Trainer, Legende“ widmet, allerdings andere Saiten auf. Ex-Bayern-Trainer war nicht immer ein Menschenfänger Als Heynckes von 1979 bis 1987 in Gladbach die ersten Schritte als Cheftrainer ging, galt er als strenger Coach. Schwer hatte es beispielsweise Uwe Kamps, der 1982 von BV 04 Düsseldorf zu Borussia wechselte und vor der ersten Begegnung mit Heynckes eine leise Warnung erhielt. „Auf dem Weg zum Probetraining wurde mir im Auto gesagt: ‚Der Trainer ist ein bisschen strenger und spezieller, mach deinen Ohrring doch besser mal raus‘. Das war das Erste, was ich über Jupp Heynckes gehört habe“, erzählte Kamps in einer Talkrunde am Rande der Eröffnung der Sonderausstellung. Eine Woche lang sei er „an die Grenzen gebracht“ worden, erinnerte sich der ehemalige Torwart, der sich für den Transfer zur Fohlen-Elf empfohlen hatte. Doch auch danach hatte er es mit Heynckes nicht immer leicht: „Ich war der Vollchaot, der mal ein bisschen zu spät war, weil ich immer aus Düsseldorf angereist kam. Es gab ein paar Momente, in denen man leise die Kabinentür öffnete, dann sah man hinter dem Türspalt, wie Jupp auf einen wartete. Dann hat man einen Einlauf bekommen.“ Verlieren war unter Heynckes verboten Zwischen 1979 und 1984 reifte Lothar Matthäus unter Heynckes zu einem Top-Spieler. Die erste Lektion: Verlieren ist verboten. „Ich hatte am Anfang das Gefühl, dass wenn wir verloren haben, dass das eine persönliche Beleidigung für ihn war“, sagt der heutige TV-Experte in einem Interview für das Magazin zur Sonderausstellung. „Er hat sich da selbst angegriffen gefühlt und hat mit uns manchmal zwei, drei Tage lang gar nicht geredet. Hat das ignoriert.“ Alle Winter-Neuzugänge der Bundesliga in der Übersicht Fotostrecke ansehen Heynckes verstand sich als Bessermacher, konzentrierte sich dabei aber meist auf das Fußballerische. „Er, der Fußballlehrer, war dafür zuständig, uns die Dinge beizubringen. Nicht nur die, die auf dem Platz passierten, sondern auch die im Kopf. Und Letzteres war am Anfang nicht unbedingt seine größte Stärke“, sagt Matthäus und ergänzte mit einem Augenzwinkern: „Ich hoffe, dass er mir das verzeiht. Aber ich weiß ja, wie er sich dann entwickelt hat.“ Bei Matthäus drückte Heynckes „auch mal beide Augen zu“ Der spätere Erfolgscoach hatte seine eigene Art, mit Spielern umzugehen – und war durchaus erfolgreich. Uwe Rahn spielte von 1980 bis 1988 für Gladbach, erhielt 1987 die Auszeichnung zum Fußballer des Jahres. „Er hat mir auch Ansagen gemacht, aber richtig, auch vor der Mannschaft“, sagt der 62-Jährige im Sondermagazin. „Aber er hat uns allen dann auch gleich wieder Tipps gegeben, wie wir es besser machen können. Er hat mich dahingeführt, immer nochmal eine Schippe draufzulegen.“ Gleichwohl wusste Heynckes auch schon damals, wie er seine Spieler packen kann. „Er hat zu mir gestanden, auch, wenn ich mal schwächere Phasen hatte, weil er an mich geglaubt hat. Er hat ab und zu auch mal beide Augen zudrückt, wenn ich Blödsinn gemacht habe“, so Matthäus. Offenbar profitierten die Bayern-Stars der Triple-Saison 2012/13 davon, dass Heynckes bei Athletic Bilbao (1992 bis 1994 sowie 2001 bis 2003), CD Teneriffa (1995 bis 1997) und Real Madrid (1997 bis 1998) andere Seiten des Trainerjobs kennengelernt hat. „Ich glaube, das Ausland hat ihn sehr stark geprägt, und hier vor allem die spanische Mentalität. Er hat den Kontakt zu den Spielern gesucht. Das war am Anfang noch nicht der Fall“, erläutert Matthäus. Heynckes war ein harter Hund: „Da muss man sehr viel für tun“ „Der Erfolg ist mir weder als Trainer noch als Spieler zugeflogen. Da muss man sehr viel für tun. Das habe ich immer gemacht“, erklärt Heynckes in einem Film zur Sonderausstellung seine akribische Haltung. „Es hat mir als Fußballer und Trainer sehr großen Spaß gemacht. Das war nicht nur eine Leidenschaft, sondern eine Erfüllung meines Lebens.“ Mit einigen Jahren Abstand ist bei seinen Ex-Spielern die Wertschätzung für die strenge Hand groß. „Ich habe ihm alles zu verdanken, was ich geschafft habe. Ich wurde bereit für den Profifußball“, sagte Kamps: „Ich habe ihn verflucht und mir gedacht: ‚Das kann doch nicht wahr sein, was er alles mit einem macht‘. Diese Dinge weiß ich heute zu schätzen.“ Beim FC Bayern haben sie aber vor allem den Menschenfänger Heynckes lieben gelernt.