Als ich auf dem Flur des Potsdamer Landgerichts auf das Eintreffen der Angeklagten warte, bin ich mir nicht sicher, was auf mich zukommen wird. Drohungen? Beschimpfungen? Ich hatte den sogenannten Lunapharm-Skandal als Reporterin aufgedeckt und ihn über Jahre begleitet. Der Pharmahändlerin Susanne K. bin ich schon vorher begegnet – bei früheren Zusammentreffen wirkte sie immer feindselig. Mohamed H., den zweiten Angeklagten, habe ich bisher nur aus der Distanz beobachtet. Wie wird er sich verhalten? Susanne K. erscheint am 11. Oktober 2023 mit einem selbstbewussten Lächeln im Gerichtssaal, flankiert von einer Schar Anwälte. Besorgt wirkt sie nicht. Dabei steht sie im Zentrum eines der größten Arzneimittelskandale in Deutschland. Als Chefin des Pharmagroßhandels Lunapharm soll Susanne K. 2017 und 2018 illegal Krebsmedikamente aus Griechenland importiert haben. Gekauft habe sie die Arzneien von dem zweiten Hauptangeklagten, dem Deutsch-Ägypter Mohamed H. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden vor, die Vertriebswege der Krebsmedikamente verschleiert zu haben. Rechtlich würden die Arzneimittel damit als gefälscht gelten. Susanne K. verkaufte sie überwiegend an deutsche Apotheken. Der mutmaßliche Rohgewinn: rund 1,1 Millionen Euro.