OP-Schließung und Entlassungen: Bayerisches Krankenhaus steht vor einem Scherbenhaufen Von: Stefan Aigner Drucken Teilen Das Caritas-Krankenhaus St. Lukas in Kelheim. © Armin Weigel Die Caritas und eine externe Beratungsfirma sollten das Krankenhaus Kelheim auf ein solides Fundament stellen. Geklappt hat das nicht – im Gegenteil. Kelheim/Regensburg – Das Caritas-Krankenhaus St. Lukas in Kelheim steht vor einem Scherbenhaufen. Vor etwa drei Jahren war der Landkreis eine „strategische Partnerschaft“ mit der Caritas Regensburg eingegangen, um die Klinik auf ein solides Fundament zu stellen. Der kirchliche Verband hatte das Beratungsunternehmen Oberender ins Boot geholt. Und nun scheint es, als stünde man schlimmer da als 2022. Krankenhaus Kelheim: Geschäftsführerin weg, OP geschlossen Sabine Hehn, Beraterin der Oberender AG, wurde von einem Tag auf den anderen als Geschäftsführerin des Kelheimer Krankenhauses entlassen. Kurz darauf schloss der OP für vier Wochen „wegen dringender Umbauarbeiten“. Nun hat die Caritas auch den bis mindestens 2026 laufenden Managementvertrag mit der Bayreuther Oberender AG vorzeitig beendet – „in beiderseitigem Einvernehmen“, wie es in einer Pressemitteilung heißt. Künftig werde die Geschäftsführung wieder in Eigenregie erfolgen. Der Aufsichtsrat berief Claudia Eder, bisher Prokuristin, zur Nachfolgerin von Hehn. Damit endet das Mandat der umstrittenen Beratungsfirma Oberender in Kelheim nach weniger als drei Jahren. Über die Gründe schweigt man. Zur Entlassung Hehns heißt es lediglich, „das erforderliche Vertrauen in die Führung des Hauses“ habe gefehlt. „Zukunftskonzept“ der Oberender-Berater: Die zentralen Säulen fehlen Das „Zukunftskonzept“ für das Kelheimer Krankenhaus, das Oberender Anfang 2022 im Kreistag vorgestellt hatte, ist in den zentralen Punkten gescheitert. Weder gibt es eine Urologie-Abteilung noch eine funktionierende Geriatrie. Beide waren 2022 als tragende Säulen bezeichnet worden. Auch Hehns Umgang mit den Beschäftigten sorgte für Kritik. Zahlreiche Führungskräfte aus Medizin, Verwaltung und Pflege verließen das Haus. Hygieneprobleme und fehlender Neubau: OP bis Mitte Mai dicht In der Sterilgutversorgung des OPs soll Reinigungspersonal ohne entsprechende Qualifikation eingesetzt worden sein – angeblich, um Kosten zu sparen. Dies führte wohl zu Hygienemängeln. Nach einem Hinweis einer Mitarbeiterin und einer internen Begehung schloss man den OP-Bereich. Laut Caritas sollen die Umbauarbeiten bis Mitte Mai abgeschlossen sein. Die Planung eines Neubaus der Operationssäle, sie stammen aus dem Jahr 1974, befand sich vor der Übernahme durch Caritas und Oberender 2022 auf der Zielgeraden. Doch nach dem Trägerwechsel sei die Planung „infolge zusätzlicher externer Operateure und geänderter Vorgaben“ nicht mehr nutzbar gewesen, so die Caritas. (Übrigens: Unser Regensburg-Newsletter informiert Sie über alle Entwicklungen, News und Geschichten aus der Weltkulturerbe-Stadt.) Es gibt Stimmen aus dem Aufsichtsrat, die dem widersprechen: Unter Oberender sei der Neubau nicht zielstrebig vorangetrieben worden. Anfang Mai will die Caritas mit der Regierung von Niederbayern nun über den Neubau beraten. Beratungsfirma Oberender: Es gab schon häufiger Kritik Unklar bleibt, ob die Kooperation mit den externen Operateuren des Sportopaedicums, einer weiteren Säule des „Zukunftskonzepts“, ohne neuen OP-Bereich tragfähig war. Zuletzt operierten die Ärzte kaum noch in Kelheim, sondern vor allem in Regensburg. Als Fazit bleibt: Das Oberender-Konzept, auf dessen Basis 2022 die „strategische Partnerschaft“ mit der Caritas durch den Kreistag gepeitscht wurde, scheiterte in allen zentralen Punkten. In Bildern: 9 Dinge, die Regensburg einzigartig machen Fotostrecke ansehen Kelheim ist kein Einzelfall. Auch im Krankenhaus Ingelheim hinterließ Oberender unrühmliche Spuren. Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz kritisierte 2019 ein nicht tragfähiges Konzept, hohe finanzielle Risiken, fehlende Prognosen, freihändige Vergaben und ein überhöhtes Grundhonorar von 528.000 Euro netto für die Geschäftsführung. Auch dort war Sabine Hehn tätig. „Strategische Partnerschaft“: der Landkreis zahlt, die Caritas hat das Sagen Welche Kosten das Oberender-Engagement in Kelheim verursachte, ist unklar. Ebenso wenig weiß man, wie hoch der Schaden für den Landkreis ist. Der übernahm 2022 im Rahmen der „strategischen Partnerschaft“ das volle Kostenrisiko. Doch das Sagen hat die Caritas. Die holte auch Oberender ins Boot. Laut Pressemitteilung versucht die Krankenhausgesellschaft, den Schaden durch Versicherungen zu minimieren. „Zu diesem Zweck werden umfangreiche Dokumentationen über die Ursachen, Verantwortlichkeiten und Folgen der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt.“ Wer bezahlt der entstandenen Schaden? Ob die Oberender AG für Versäumnisse haftbar gemacht wird, bleibt offen. Es hängt wohl davon ab, wie die Vertragsbeendigung „in beiderseitigem Einvernehmen“ ausgestaltet wurde. Bemerkenswert: Die Oberender AG, die in Kelheim einen Scherbenhaufen hinterließ, beriet auch die frühere Bundesregierung zur Krankenhausreform.