Tierärzte beobachten einen Trend: In den vergangenen Jahren sind immer mehr Hunde in Deutschland an Babesiose, auch bekannt als Hundemalaria, erkrankt. Im Gespräch mit unserer Redaktion schätzt ein Tierarzt die Situation ein und gibt Tipps für Hundebesitzer. Mehr zum Thema Haustiere Lange galt Babesiose – umgangssprachlich auch Hundemalaria genannt - als eine Reisekrankheit bei Hunden, mit der sie sich in Mittelmeergebieten infiziert haben. Vor rund sechs Jahren aber habe es die ersten Fälle gegeben, bei denen Hunde auch in Deutschland daran erkrankt sind, berichtet Ard Nijhof, Leiter der Arbeitsgruppe Tropenveterinärmedizin an der Freien Universität Berlin. Seitdem habe sich die Babesiose bei Hunden sehr stark verbreitet, schildert er. Hunde infizieren sich häufiger auch in Deutschland mit Babesiose "In der Kleintier-Klinik unserer Uni behandeln wir mittlerweile im Frühling und Herbst fast jede Woche einen Hund, der nicht im Ausland war und Babesiose hat", sagt er. Und auch andere veterinärmedizinische Kliniken aus dem Umfeld Berlin wüden von regelmäßigen Fällen berichten. Nijhof sagt: "Auch wenn es keine Zahlen gibt: Es nimmt zu, das kann man deutlich sagen – auch in anderen Teilen Deutschlands." Bislang werden die Fälle allerdings nicht registriert, da es keine Meldepflicht gibt. Nijhof berichtet von einer Studie der Universität Hannover mit rund 6.000 Wiesenzecken, die in Deutschland als Überträger der Hundemalaria gelten. Diese habe gezeigt, dass lediglich 0,08 Prozent von ihnen mit Babesia canis infiziert waren. "Das ist wenig", so der Parasitologe. "Allerdings sollte man nicht vergessen, dass es sehr viele Zecken gibt." "Selbst im Winter besteht die Gefahr, dass Hunde sich infizieren." Ard Nijhof, Leiter der Arbeitsgruppe Tropenveterinärmedizin an der Freien Universität Berlin Hinzu komme, dass die Zeckenart ganzjährig aktiv ist. "Selbst im Winter besteht also die Gefahr, dass Hunde sich infizieren", mahnt Nijhof. Außerdem könnten die Mutterzecken Babesiose auf einen Teil ihres Nachwuchses übertragen. "So entstehen infizierte Populationen und das wird, schätze ich, künftig häufiger vorkommen." Infizierte Auwald-Zecken können Babesiose auf Hunde übertragen Babesiose kann für Hunde unter Umständen tödlich enden. Die Erkrankung wird durch Babesien hervorgerufen, kleine parasitische Einzeller. Es gibt verschiedene Babesien-Arten, die von verschiedenen Zeckenarten übertragen werden können. In Deutschland ist es die Wiesenzecke (Dermacentor reticulatus), auch bekannt unter dem Namen Auwald-Zecke. Sie kann Babesia canis übertragen. Die Erreger befinden sich laut Nijhof in den Speicheldrüsen der Tiere. "Sticht eine Zecke, müssen sich die Erreger zunächst zu infektiösen Stadien weiterentwickeln, bevor sie mit dem Speichel ausgeschieden werden können", erklärt er. "Das dauert mindestens 16 Stunden. Ab diesem Zeitpunkt – wenn die Zecke infiziert ist – steigt das Risiko." Infiziert sich ein Hund, wird das Tier rund eine Woche nach dem Zeckenstich apathisch. Auch sehr hohes Fieber und Übelkeit sind erste Anzeichen einer Infektion. "Auffällig ist, wenn der Hund nicht mehr frisst, und müde und lustlos ist", so der Tierarzt. Die Symptome ähneln der Malaria bei Menschen. Ein eindeutiges Zeichen einer Infektion sind laut Nijhof blasse Schleimhäute, denn die Parasiten zerstören die roten Blutkörperchen. Sehr typisch sei auch roter Urin, da die Abbauprodukte dieser roten Blutzellen mit dem Urin abtransportiert würden. "Bei diesen Signalen sollte man so schnell wie möglich zum Tierarzt", rät der Experte Hundebesitzerinnen und -besitzern. Denn die Babesia canis mache Hunde sehr schnell krank und könne auch zu Todesfällen führen. Das sei in der Regel allerdings nur der Fall, wenn sie unbehandelt bleibt oder erst sehr spät behandelt wird. "Es gibt ein Medikament, mit dem sich die Hundemalaria gut behandeln lässt. Es wird zweimal im Abstand von zwei Wochen verabreicht. In den meisten Fällen ist das ausreichend", berichtet der Veterinärmediziner. Infektion mit Babesia canis lässt sich vorbeugen Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollten Hundebesitzer ihre Vierbeiner regelmäßig untersuchen und eine Zecke sofort entfernen, wenn sie sie entdecken. Das minimiere das Risiko, erklärt Nijhof. Er gibt aber auch zu bedenken: "Gerade bei Hunden mit langem Fell kann man die Zecken übersehen." Deshalb rät er dazu, vorbeugende Maßnahmen zu treffen: etwa mit imprägnierten Halsbändern, Spot-on-Zeckenmitteln, die man im Nackenfell aufträgt, oder Kautabletten. Seit letztem Jahr seien außerdem Injektionen verfügbar, die einen ganzjährigen Schutz vor Zecken bieten. "Dadurch wird die Zecke abgetötet, wenn sie anfängt, zu saugen", berichtet er. Was hingegen nicht hilft, sind laut Nijhof Bernsteinhalsbänder. "Das ist ein Irrglaube. Wir haben das getestet", erzählt er. "Bei uns im Labor können wir Zecken auf einer Kunststoffmembran mit Blut künstlich ernähren. Als wir eine Bernstein-Kette danebenlegten, hat sich nichts verändert: Die Zecken haben sich munter vollgesogen." Es gebe auch andere angebliche Schutzmittel, deren Wirkung allerdings nicht wissenschaftlich belegt ist, zum Beispiel Kokosöl oder Öle mit anderen Extrakten. "Es kann zwar sein, dass der Geruch die Zecken eine Weile abhält – die Frage ist aber, wie lange und wie zuverlässig", gibt er zu bedenken. "Hundebesitzer können sich nicht an der FSME-Risikokarte des Robert-Koch-Instituts orientieren." Ard Nijhof, Leiter der Arbeitsgruppe Tropenveterinärmedizin an der Freien Universität Berlin Zudem weist Nijhof auf einen häufigen Fehlschluss hin. "Hundebesitzer können sich nicht an der FSME-Risikokarte des Robert-Koch-Instituts orientieren", appelliert er. "Das wäre ein Fehler, denn FSME wird vom Gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus) übertragen – und Hundemalaria von einer anderen Zeckenart."