„Zombie“-Vulkan in den Anden: Was den Uturuncu-Vulkan so unruhig macht Von: Tanja Banner Drucken Teilen Erdbeben und Gasströme: Der „Zombie“-Vulkan Uturuncu in den Anden zeigt unerwartete Aktivität – ein Blick in die Tiefe gibt Antworten. Ithaca – Inmitten der zentralen Anden erhebt sich der Uturuncu, ein Vulkan, der von Wissenschaftlern „Zombie“ genannt wird. Der Grund dafür ist seine ungewöhnliche Aktivität, obwohl er technisch gesehen als erloschen gilt. Bei Vulkanologen gilt ein Vulkan, der seit mindestens 10.000 Jahren nicht mehr ausgebrochen ist, als erloschen. Der Uturuncu hingegen hat seinen letzten Ausbruch vor mehr als 250.000 Jahren erlebt. Dennoch zeigt er immer wieder Anzeichen von Unruhe: Erdbeben erschüttern die Region, Gasfahnen steigen auf, und das Land um den Vulkan verformt sich auf eine Art, die an einen Sombrero erinnert. Ein internationales Forschungsteam hat sich dem Rätsel des Uturuncu angenommen, um die Ursache seiner Aktivität zu ergründen. Mithilfe von über 1700 Erdbeben untersuchten die Wissenschaftler, was tief unter der Erdoberfläche geschieht. Seismische Wellen, die durch diese Erdbeben erzeugt werden, liefern wertvolle Hinweise auf jenen Untergrund, durch den sie sich hindurchbewegen. Beispielsweise gibt ihre Geschwindigkeit Aufschluss darüber, welche Materialien sie durchdringen und wie sich diese unterirdischen Strukturen zusammensetzen. Lava und Aschewolken: Diese 25 Vulkane auf der Welt sind aktiv – einer sticht besonders heraus Fotostrecke ansehen „Zombie“-Vulkan Uturuncu liegt über dem größten bekannten Magmakörper Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Unruhe des Vulkans mit der Bewegung von Flüssigkeiten und Gasen unterhalb des Kraters zusammenhängt. Diese Prozesse sind zwar beeindruckend, doch die Forschenden sehen keine unmittelbare Gefahr: Ein Ausbruch des Uturuncu ist unwahrscheinlich – und das, obwohl der Vulkan über dem größten bekannten Magmakörper in der Erdkruste liegt. Ein hydrothermales System verbindet diesen Magmakörper mit der Oberfläche. Die physikalischen Eigenschaften des Systems sowie die Gesteinszusammensetzung lieferten entscheidende Hinweise auf das, was unter dem Vulkan geschieht. Die Forschenden konnten nun nachvollziehen, wie Flüssigkeiten und Gase durch das unterirdische System aufsteigen und sich in Reservoirs direkt unter dem Krater ansammeln. Kurz: Geschmolzener Stein setzt Gase frei, die an die obere Kruste des Vulkans stoßen. Diese Prozesse sind auch der Grund für die auffällige Verformung des Vulkans. Andere Vulkane auf der Erde brechen aus oder wecken die Befürchtung, dass sie bald ausbrechen könnten. Name: Uturuncu Typ: schlafender Schichtvulkan Ort: in den Anden, in Bolivien, nahe der Grenze zu Argentinien Höhe: Hauptgipfel: 6008m, Nebengipfel: 5930m letzter Ausbruch: vor etwa 271.000 Jahren „Vulkane, die an der Oberfläche tot aussehen, sind darunter nicht tot“ Matthew Pritchard, ein Co-Autor der Studie von der Cornell University, betont: „Wenn Menschen sich Vulkane ansehen, denken viele: ‚Oh, wenn er nicht ausbricht, sind wir nicht daran interessiert.‘ Aber Vulkane, die an der Oberfläche tot aussehen, sind darunter nicht tot.“ Er fügt hinzu: „Es laufen immer noch Prozesse ab. Und die Prozesse in Uturuncu sind besonders interessant, weil sie uns etwas über die Flüssigkeiten und Gase verraten, die sich dort bewegen und die möglicherweise zu einem Reservoir von Materialien werden könnten, die für die Technologie nützlich sein könnten oder vielleicht sogar heute schon sind.“ Der „Zombie“-Vulkan Uturuncu liegt in den Anden. (Archivbild) © IMAGO/Pond5 Images Die Forschung hat weltweit weitere Zombie-Vulkane identifiziert, die ähnliche Anzeichen von Aktivität zeigen, obwohl sie seit Hunderttausenden von Jahren nicht mehr ausgebrochen sind. „Das sind ganz besondere Biester“, sagt Pritchard. „Aber sie sind nicht völlig ungewöhnlich. Uturuncu wird vielleicht nicht ausbrechen, aber einige seiner Nachbarn könnten es.“ Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht und liefern neue Einblicke in die komplexen Prozesse, die weit unter der Oberfläche solcher Vulkane ablaufen. (tab)