Donald Trumps nächste 100 Tage: Ein „König“ in den USA - und eine Riesen-Erweiterung für die EU?

Donald Trumps nächste 100 Tage: Ein „König“ in den USA – und eine Riesen-Erweiterung für die EU? Von: Alexander Görlach, Florian Naumann Drucken Teilen Die Welt hat die ersten 100 Tage Trump überstanden. Und nun? Experte Alexander Görlach skizziert Gefahren für USA und Europa – aber auch eine Chance. Ob Ukraine-Krieg, der bedrohliche Aufstieg Chinas oder die außenpolitische Kehrtwende der USA unter Donald Trump: Unsere Welt ist im Umbruch. Autoritäre Regime haben Aufwind, westliche Demokratien geraten in der Defensive. Für IPPEN.MEDIA blickt Alexander Görlach in der Videokolumne „Görlachs Weltgeschehen“ regelmäßig auf die Brennpunkte dieser Welt. Görlach ist Geopolitik-Experte und unterrichtet an der New York University. In dieser Woche blickt er auf die Zukunft der USA - und, damit verknüpft, die der EU und Kanadas. Herr Görlach, Donald Trumps erste 100 Tage sind vorüber – was wird bleiben? Donald Trump ist erst 100 Tage im Amt und es fühlt sich an wie eine Ewigkeit. Was ist nicht alles passiert? Er hat Panama gedroht, einen Krieg zu beginnen und Grönland zu annektieren. Er hat auch ohne Grund einen Streit mit Kanada und Mexiko, den Nachbarn und wichtigen wirtschaftlichen Verbündeten Washingtons, vom Zaun gebrochen. Auch zu nennen ist die Strafzollpolitik, das Auf und Ab an den Börsen weltweit und natürlich auch die Politik im Heiligen Land, wo Donald Trump den Palästinensern gesagt hat, sie sollen ihre Heimat verlassen, damit die USA dort eine Riviera des Mittleren und Nahen Ostens entwickeln können. Auf dieser Grundlage müssen wir uns nun fragen, was eigentlich aus den USA werden soll in den nächsten 100 Tagen und darüber hinaus. Kann Donald Trump diese Geschwindigkeit überhaupt beibehalten, mit der er die und das Land Welt in Atem hält? Donald Trumps erste 100 Tage zurück als US-Präsident sind vorbei – Kolumnist Alexander Görlach blickt auf die nächsten 100 voraus. © Yuri Gripas/imago Was droht den USA selbst unter Trump? Er wird in den nächsten 100 Tagen versuchen, die Gerichte weiter zu provozieren. Die haben ja etliche seiner Executive Orders bereits zurückgeholt – von der Streichung von Hilfe für Welthungerhilfe über Zuwendungen für öffentliche Universitäten, bis zur Abschiebung von Leuten ohne ordentlichen Prozess. Bislang hat sich die Trump-Regierung wenig darum geschert. Es geht also darum, ob er im Inneren des Landes die Autorität des Präsidenten weiter ausbauen kann, sodass er am Ende, wie er das ja auch schon auf Social Media gesagt hat, quasi als König der Vereinigten Staaten gelten kann. Donald Trump wird auch die Redefreiheit weiter einschränken. An den Grenzen wird bereits geschaut, wer sich denn eigentlich auf Social Media negativ gegenüber dem Präsidenten geäußert hat. Auch Studierende, die im Land friedlich gegen den Krieg in Gaza protestiert haben, droht weiterhin der Entzug des Aufenthaltstitels. Die Einschüchterung von Zeitungen, von Universitäten, all das wird weitergehen. Das kann man sich eigentlich so gar nicht vorstellen: Die USA als ein Land, indem man bis heute ungestraft den Holocaust leugnen kann, schränkt jetzt die Redefreiheit ein, wenn jemand den eigenen Präsidenten ein Stück weit kritisiert. Was ist von Trump international zu erwarten – auch im Ukraine-Krieg? Ableitungen für die Außen und Sicherheitspolitik, die sind schwer zu treffen. Donald Trump und sein Außenminister haben angekündigt, dass das Außenministerium zusammengestrichen wird. Es werden also zig Botschaften auch in Afrika geschlossen. Das ist dann eben ein Raum, in dem China und Russland dann privilegiert agieren werden. Was die NATO betrifft, hat Donald Trump in den letzten Wochen eher stillgehalten. Es wird jetzt nicht mehr davon gesprochen, die NATO zu verlassen. Er hat auch seine Gang- und Tonart gegenüber Kreml-Diktator Putin verschärft und geändert – aber auch da bleibt abzuwarten, wie lange er diese neue Sichtweise auf die Dinge beibehält. In Kanada wurde unterdessen ein neuer Regierungschef gewählt. Die liberale Partei hat die Wahl gewonnen. Bis zu Donald Trumps Amtsantritt war der Konservative in Umfragen in Führung gelegen, aber nachdem Donald Trump Kanada so angegriffen hat, haben die Leute sich besonnen und wollten jemanden, der eben nicht von der Parteienfamilie auch ein Konservativer ist. Was folgt daraus für Europa? Und das ist wieder interessant für die Europäer, für sie wächst aus dieser neuen Gemengelage eine interessante Konstellation, nämlich, dass Kanada überlegt, ob es nicht ein Mitglied der Europäischen Union werden könnte. Und diese Frage ist gar nicht so abwegig. Ganz ohne Polemik darf man sagen, dass wir auch jahrzehntelang darüber nachgedacht haben, aus guten Gründen, ob nicht auch die Türkei ein Mitglied der Europäischen Union werden könne. Auch die Mehrheit des türkischen Territoriums liegt nicht in Europa. Wenn man feststellt, dass man so viele Gemeinsamkeiten hat und die Gemeinsamkeiten zwischen Kanada und den USA für die Leute in Kanada so nicht mehr gegeben ist, dann ist das vielleicht eine interessante Gunst der Stunde: Eben die nächsten 100 Tage abzuwarten und zu sehen und vielleicht dann auch mit Kanada Gespräch zu beginnen, ob sie nicht ein Mitglied der Europäischen Union werden wollen.