Sorge nach Erdbeben: 600.000 Wohnungen in Istanbul bereits jetzt einsturzgefährdet Drucken Teilen Istanbul ist wegen ihrer großen Zahl an Gebäuden hohen Risiken ausgesetzt. © Emrah Gurel/AP/dpa Ein Erdbeben der Stärke 6,2 erschüttert Istanbul und weckt erneut Sicherheitsbedenken. Die Bewohner sind besorgt um die Vorbereitungen und den Zustand der Infrastruktur. Istanbul – Am 23. April erschütterte ein Erdbeben der Stärke 6,2 die Küste vor Istanbul und löste in der gesamten Stadt Sicherheitsbedenken aus. Die Bewohner, die noch immer unter den Folgen des Erdbebens vom 6. Februar leiden, waren vom jüngsten Beben schockiert. Die Stadt Istanbul bebte etwa 15 Sekunden lang. Nach dem Beben stellten sich viele die Frage, ob das lang erwartete große Istanbul-Erdbeben nähergerückt sei. Auch Sorgen um die eigene Vorbereitung, mögliche Schutzmaßnahmen und den Zustand der Infrastruktur rückten erneut in den Vordergrund. Diese Reaktionen verdeutlichen den anhaltenden Kampf der Stadt um Erdbebenbereitschaft. 1,5 Millionen Gebäude in Istanbul gelten bei Erdbeben als gefährdet Istanbul, mit 16 Millionen Einwohnern, ist wegen ihrer großen Zahl an Gebäuden hohen Risiken ausgesetzt. Von den rund 7,5 Millionen Gebäuden gelten etwa 1,5 Millionen als gefährdet – viele davon sind durch jahrelange Fehlentwicklungen in der Stadtplanung und mangelhafte Bauqualität strukturell anfällig. Außerdem gelten 600.000 Wohneinheiten auch ohne Erdbeben als einsturzgefährdet. Stadtumwandlungsprojekte haben laut Haber7 bisher nicht das Ausmaß erreicht, das notwendig wäre, um Wohngebäude flächendeckend gegen Katastrophen zu sichern. Das jüngste Erdbeben hat die entscheidende Bedeutung des Marmara-Autobahnrings hervorgehoben, eines 947-Kilometer langen Verkehrsnetzes, das große Brücken und breite Autobahnen umfasst. Dieses Netz spielt eine zentrale Rolle in den Evakuierungs- und Notfallplänen der Region. Laut T24 soll der Marmara-Autobahnring mit laufenden und geplanten Verlängerungen auf 1.295 Kilometer ausgebaut werden, um seine Rolle bei der Katastrophenbewältigung zu stärken. Umfassende Analysen der Istanbuler Brücken Seismische Analysen wurden an Istanbuls Brücken auf der Grundlage verschiedener Erdbebenszenarien durchgeführt. Laut Hürriyet wurde jedes Detail der Brücken – von ihrem Fundament bis zu den tragenden Elementen – nach dem Prinzip der Widerstandsfähigkeit gegenüber Erdbebenlasten entworfen. Die Rolle der Brücken und Viadukte jeder Region im Evakuierungsszenario wurde jetzt erneut gründlich untersucht. Trotz dieser Untersuchungen äußerten Experten Besorgnis über Istanbuls Stand der Erdbebenvorsorge. Professor Ilan Kelman vom University College London sagte laut Karar: „Die Region Istanbul hat in seiner Geschichte starke Erdbeben erlebt; stärkere Erschütterungen sind zu erwarten, und darauf sollte man sich vorbereiten.“ Er hob hervor, dass Erdbeben natürlich und unvermeidlich seien, „ob sie sich jedoch zu einer Katastrophe entwickeln oder nicht, hängt vollständig von den Handlungen der Entscheidungsträger ab.“ Kelman erklärte weiter: „Leider sind die Erdbebenvorsorge und die Infrastrukturresilienz in Istanbul in vielen Aspekten noch unzureichend. Das wird die Auswirkungen eines starken Erdbebens weitaus zerstörerischer machen. Es wird nicht nur viele Opfer geben, sondern auch einen langwierigen, ressourcenintensiven Wiederaufbauprozess fordern.“ Er forderte die Behörden auf, mehr Maßnahmen zur Erdbebenvorsorge und zur Stärkung der Infrastruktur zu ergreifen. Nach Erdbeben in Istanbul: Verschiedene Experten, unterschiedliche Ansichten Andere Experten vertraten andere Ansichten. Erdbebenexperte Professor Dr. Şener Üşümezsoy erklärte, dass die Erdbeben im Marmara-Gebiet ihr Ende gefunden hätten. „Die Adalar-Verwerfung ist eine tote Verwerfung. Das einzige Risiko ist die Kumburgaz-Verwerfung“, sagte er laut En Son Haber. Er behauptete auch: „Es besteht keine weitere Erdbebengefahr.“ Content-Partnerschaft Dieser Artikel entstand in einer Content-Partnerschaft mit Alchemiq.ai. Die unterschiedlichen Meinungen der Experten spiegeln die Unsicherheit und Komplexität in Bezug auf Istanbuls seismische Risiken wider. Während einige glauben, dass die jüngsten Erdbeben künftige Gefahren gemindert haben, warnen andere, dass ähnliche oder stärkere Erdbeben in Istanbul erneut auftreten könnten. Die Öffentlichkeit bleibt besorgt. Viele Bürger rannten aus Angst vor Nachbeben ins Freie und suchten Zuflucht in Zelten, Autos und anderen Bereichen. Reaktionen der Wirtschaft Auch Unternehmen reagierten auf die Erdbebengefahren. Nach den jüngsten Erschütterungen haben beispielsweise Banken und Supermarktketten Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Halk TV berichtete, dass die türkische Bank İş Bankası 998 Gebäude in der gesamten Türkei auf Erdbebenresistenz untersuchen ließ. Bei 170 Gebäuden stellte die Bank in einem Bericht fest: „Entweder verstärken oder räumen.“ In 95 dieser Gebäude wurden notwendige Verstärkungen durchgeführt, während İş Bankası in 43 anderen, in denen eine Verstärkung nicht möglich war, ihre Filialen und Einheiten an erdbebensichere Standorte verlegte. (Redaktion)