„Kein Jubelergebnis“: SPD-Basis stellt Merz-Koalitionsvertrag auf die Probe

„Kein Jubelergebnis“: SPD-Basis stellt Merz-Koalitionsvertrag auf die Probe Von: Peter Sieben Drucken Teilen Serdar Yüksel hält die Kritik am Koalitionsvertrag für überzogen. Ein „Jubelergebnis“ werde es dennoch nicht geben – das liege auch an einer Personalie. Berlin – Die Union hat schon „ja“ gesagt, aber es gehören zwei dazu: Bis Dienstagnacht können die SPD-Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen, am Mittwochvormittag will SPD-Generalsekretär Matthias Miersch dann öffentlich über das Ergebnis des Votums informieren. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Serdar Yüksel nennt Schwarz-Rote-Vereinbarungen einen „guten Kompromiss“. © Peter Sieben Rein theoretisch kann es also noch passieren, dass Friedrich Merz seine Kanzlerträume begraben muss. Immerhin: Die Jusos haben zur Ablehnung des Koalitionsvertrags aufgerufen und Kritik kommt vor allem auch vom eher linken Flügel der Partei und durchaus von der Basis. Dass die Sozialdemokraten Schwarz-Rot so kurz vor dem Ziel aber noch platzen lassen, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. SPD-Votum zum Koalitionsvertrag: Keine „Fanfarenchöre“ Ein „Jubelergebnis“ und „Fanfarenchöre“ dürfe man indes nicht erwarten, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Serdar Yüksel im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. „Das Abstimmungsergebnis dürfte spürbar ablehnender ausfallen als bei vorigen schwarz-roten Koalitionen“, prognostiziert er. Das liege einerseits am Kanzler in spe Friedrich Merz: Der konservative CDUler habe bei Sozialdemokraten weitaus weniger Sympathien, als etwa Angela Merkel zu ihrer Zeit. Andererseits hält Yüksel nichts von einer Abstimmung, die nur digital abläuft. „Es war nicht klug, keine Briefwahl anzubieten. Das schreckt viele, vor allem ältere Mitglieder ab“, so Yüksel. „Man wollte ein paar Euro sparen, aber das ist ein Bärendienst.“ Sprecher vom Seeheimer Kreis der SPD rechnet mit „deutlicher Mehrheit der Genossinnen und Genossen“ Anders sieht das der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese, Sprecher des „Seeheimer Kreises“. „Die SPD ist eine moderne Mitgliederpartei. Es ist gut und folgerichtig, dass unsere Partei zügig nach Fertigstellung des Koalitionsvertrages den digitalen Prozess gestartet hat: schnell, transparent, unkompliziert“, sagt er zur Frankfurter Rundschau. Menschen ohne eigenen Internetzugang oder Hilfe von Familie und Freunden hätten sich an den jeweiligen Ortsverein oder eine nahe Geschäftsstelle wenden können, so Wiese: „Kein Mitglied wurde alleingelassen, alle hatten die Möglichkeit abzustimmen. Bei mir vor Ort im Sauerland hat es gut geklappt.“ Dirk Wiese ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD und Sprecher des „Seeheimer Kreises“. © Jon Lasse Schmitt Er rechnet mit einer „deutlichen Mehrheit der Genossinnen und Genossen“, die für den Koalitionsvertrag stimmen werde. „Der Koalitionsvertrag trägt eine klare sozialdemokratische Handschrift. Er gibt die richtige Richtung vor und benennt konkrete gemeinsame Ziele.“ Schwarz-rote Koalition: „Guter Kompromiss“ auch bei Migration Auch Serdar Yüksel nennt die schwarz-roten Vereinbarungen einen „guten Kompromiss“: „Nach dem schwachen Ergebnis bei der Bundestagswahl haben wir jetzt die Chance, noch einmal was zu bewegen und uns neu zu positionieren.“ Den Jusos gestehe er ihre Kritik zwar zu, „das gehört zu den Aufgaben einer politischen Jugendorganisation“, so Yüksel. Aber die zum Teil scharfe Wortwahl mancher Genossinnen und Genossen kann er nicht nachvollziehen. „Da sind Maulhelden darunter, die in den sozialen Medien jetzt eher Zuspruch von der Linken oder dem BSW bekommen“, so Yüksel. Auch beim umstrittenen Themenkomplex Migration habe sich die SPD – anders als Kritiker bemängeln – gut positionieren können. „Viele Errungenschaften wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz oder das Chancenaufenthaltsrecht bleiben, das ist gut“, so der Abgeordnete aus Bochum. „Friedrich Merz setzt auf eine pragmatischere Einwanderungspolitik, als es seine scharfe Rhetorik manchmal vermuten lässt“, glaubt Yüksel.