Der chinesische Hersteller Manus vermarktet seinen neuen KI-Agenten als "potentially a glimpse at AGI". AGI, Artificial General Intelligence, bildet den Heiligen Gral der KI-Forschung, denn sie soll über menschenähnliche intellektuelle Fähigkeiten verfügen und damit in der Lage sein, beliebige Aufgaben zu bewältigen. Anzeige Dr. Rüdiger Berlich Dr. Rüdiger Berlich beschäftigt sich seit 1992 mit Open Source und hat sich in seinem MBA mit dem Thema zugehöriger Geschäftsmodelle auseinandergesetzt. Er berät Firmen zu Fragen der Open- und InnerSource, zu agilen Praktiken sowie dem Change Management. Jenseits der Marketingversprechen und einer Reihe von Anwendungsbeispielen auf der Webseite des Herstellers ist über die Interna von Manus wenig bekannt. Im Werbevideo auf der Seite nennt sich Manus "General AI-Agent", der als "Multi-Agent-System auf mehreren unterschiedlichen Modellen" aufsetzt. Außerdem kündigt das Video an, Ende des Jahres einige dieser Modelle als Open Source freizugeben. Speziell solche "post-trained für Manus". Dabei handelt es sich um nicht näher spezifizierte GenAI-Modelle, mit denen der Agent Aufgaben löst. Es ist jedoch nicht bekannt, welche Modelle dahinterstecken, ob der Hersteller sie selbst erzeugt oder wie er sie trainiert hat. Um die Fähigkeiten von Manus zu testen, stellten wir dem Agenten eine Reihe von Aufgaben, die er – selbst wenn von AGI nicht die Rede sein kann – mit durchaus sehenswerten Ergebnissen bearbeitete und einige Besonderheiten zeigte. Die KI bedient sich beispielsweise einer Ubuntu-Sandbox, in der sie Code testet und sogar Abhängigkeiten selbständig nachinstalliert. Coding-Ergebnisse präsentiert Manus in einer Cloud-Version von VS Code. Und auch eine klassische GenAI-Aufgabe, eine umfangreiche Strategie für Digitale Souveränität zu erstellen, löste der Agent durchaus akzeptabel – wenn auch mit den gängigen Einschränkungen, die für GenAI im Allgemeinen gelten: Manus fantasiert einen Covid-Bezug in das Konzept, der im Jahr 2025 keine Geltung mehr hat. Manus, nosce te ipsum Zuerst stellten wir Manus die Frage nach sich selbst: Manus kann aus einer [...] architektonischen Perspektive als Multi-Agent-System betrachtet werden, da es intern verschiedene spezialisierte Module [...] nutzt, die zusammenarbeiten: 1. Ein Planer-Modul, das Aufgaben analysiert und Schritte plant 2. Ein Wissens-Modul, das relevante Informationen und Best Practices bereitstellt 3. Ein Datenquellen-Modul, das Zugriff auf verschiedene Informationsquellen ermöglicht Manus betont dabei: Anzeige "Manus-AI zeichnet sich durch ihre Fähigkeit aus, ein breites Spektrum an Aufgaben zu bewältigen – von Informationsrecherche und Faktenchecking über Datenanalyse bis hin zur Erstellung komplexer Inhalte und Programmierung. […] Aus Nutzerperspektive erscheint und verhält sich Manus als ein einheitlicher Agent mit einer kohärenten Persönlichkeit und einem einheitlichen Interaktionsmodell." Laut des Werbevideos kann sich Manus selbst kleine, problembezogene Python-Programme erstellen und ausführen, etwa um das Budget eines Umzugs zu berechnen. Hinzu kommt eine selbständige Analyse von Online-Ressourcen. Manus verwendet für hiermit zusammenhängende Arbeiten eine Ubuntu-Sandbox vermutlich in einer virtuellen Umgebung oder einem Container. In einer Chat-Antwort verrät uns Manus: "Ich habe das System geprüft und herausgefunden, dass die Sandboxen mit Ubuntu 22.04 LTS (Jammy) arbeiten, statt mit Ubuntu 24.10, wie in Deiner Anfrage erwähnt." In mehreren Anläufen: Dreiecke mit CUDA überlagern Für die erste Programmieraufgabe erhält Manus einen Prompt aus dem Vergleich von DeepSeek R1 und ChatGPT o3-mini-high. Damit soll die KI ein Programm entwerfen, das wiederholt eine vordefinierte Menge an semitransparenten Dreiecken mithilfe der von Nvidia entwickelten Programmierschnittstelle CUDA auf einer GPU zu einem Kandidatenbild überlagert. Für jeden Farbkanal jedes Pixels sollte sie dann die Abweichung zum zugehörigen Pixel eines Zielbildes berechnen und schließlich das Kandidatenbild mit der geringsten Gesamtabweichung im PNG-Format ausgeben. Das von Manus zunächst präsentierte Programm war allerdings erst nach einigen Änderungen übersetzbar. So musste die mitgelieferte CMakeLists.txt-Datei angepasst werden, um den nvcc für die Übersetzung von "CUDA-haltigem" Code zu verwenden (CMake kann dies bei passenden Dateiendungen ".cu" automatisch triggern). Dieser Code war wiederum in einer Datei mit der Endung .cpp gespeichert, musste also umbenannt werden. Das dann erzeugte Bild hatte zwar die richtigen Dimensionen, die Dreiecke schienen aber zu groß zu sein und nur aus einem Farbspektrum zu kommen. Ein zweiter Versuch mit identischem Prompt lieferte deutlich komplexeren Code – unterschiedliche Lösungsansätze bei mehrfachen Aufrufen sind bei KIs normal – der sich aber trotz korrekter .cu-Endungen nicht übersetzen ließ. Da sich schon nach einigen einleitenden Versuchen hier bereits eine Quota bemerkbar machte – Manus unterliegt offensichtlich derzeit einem sehr hohen Interesse – wurde das Beispiel erst einmal vertagt. Derartige Probleme sind bei einer Beta zu erwarten. Die weitere Arbeit mit Manus war dafür erfolgreicher, und auch das Dreiecksbeispiel taucht zum Schluss noch einmal auf. Visual Studio Code im Web Schon bei den ersten Versuchen fiel eine Besonderheit von Manus auf: Man hat bereits während der Arbeit optional Zugriff auf eine als Web-Interface laufende Instanz von Visual Studio Code. Die ermöglicht zwar direkten Einblick in den erzeugten Code (Abbildung 1), aber lässt wenig Interaktion zu. Alle Arbeiten scheinen in einer Ubuntu-Sandbox durchgeführt zu werden. Hier lädt Manus bei Bedarf auch Code nach. Manus liefert eine VS-Code-Oberfläche auf der Basis eines Ubuntus im Container (Abb. 1). (Bild: Screenshot Manus) Eine solche Sandbox entspricht in der Manus-Terminologie einer "Aufgabe". Anwenderinnen und Anwender können zudem, wie von DeepSeek, ChatGPT und anderen gewohnt, nacheinander mehrere Anfragen stellen oder die Ergebnisse verfeinern. Die zugehörigen Arbeiten der KI sind jeweils einer Sandbox zugeordnet. Das ist praktisch, weil die Beta-Quota über die Zahl erlaubter Aufgaben implementiert zu sein scheint. Allerdings kommt nach einigen komplexeren Fragen manchmal auch der Hinweis, dass die Kontextgröße überschritten sei, was möglicherweise frei als ein Überschreiten der erlaubten Ressourcennutzung zu interpretieren ist. In diesem Fall konnte Manus aber aus einer anderen Sandbox auch auf die Daten einer dem Account zugeordneten gestoppten Sandbox zugreifen und diese weiterverarbeiten, um den Preis des Verbrauchs einer neuen Aufgabe. In einem anderen Fall stoppte die Generierung mitten in einem vielversprechenden Versuch. In der main.cpp fand sich dann zum Beispiel der Text To save on context only part of this file has been shown to you. [...]. Das war frustrierend und vermutlich der Überlastung der Beta-Infrastruktur geschuldet. Die Interaktion kann wie bei den meisten anderen KIs wahlweise auf Englisch oder Deutsch (und mutmaßlich auf Chinesisch) erfolgen, wobei englische und deutsche Antworten stets grammatikalisch perfekt waren. Ein kurzer Versuch, Manus mithilfe von PlantUML ein UML-Klassendiagramm für eine C++-Klasse des Autors entwickeln zu lassen, war erfolgreich. Das Diagramm zeigte die korrekte Information.