Hans Königsmann : "Aus den Träumen der kleinen Jungs wird die Zukunft der Welt"
DIE ZEIT: Herr Königsmann, Sie sind Mitte der Sechzigerjahre geboren. War es damals außergewöhnlich, sich für Raumfahrt zu interessieren? Hans Königsmann: Ich bin eigentlich ein verhinderter Pilot, meine Augen waren nicht gut genug für einen Berufspiloten. Dann war es das Zweitbeste, Luft- und Raumfahrt zu studieren. ZEIT: Wie sind Sie zu Elon Musk und dem wichtigsten Weltraumprojekt der letzten Jahrzehnte gekommen? Königsmann: Ich arbeitete in einem Kooperationsprojekt der Uni Bremen an einem Satelliten, und das Ding hat schon Aufmerksamkeit verursacht, auch in den USA. Über den Chef einer US-Firma kam dann das Angebot, für zwei Jahre dort zu arbeiten. Ich beschäftigte mich mit zwei Raketen, fing mit einem Mondprojekt an. Elon hat am Anfang nur mit zwei Mann gearbeitet, einen davon kannte ich. Irgendwann hat Elon mich angerufen und gefragt, ob ich an SpaceX Interesse hätte. Ich war der Vierte bei SpaceX – also der vierte Ingenieur. Da waren noch andere dabei wie Elons Koch oder sein Pilot. ZEIT: Kam es Ihnen nicht größenwahnsinnig von Musk vor, eine Raketenfirma zu gründen und zum Mars fliegen zu wollen? Königsmann: Das mit dem Mars habe ich anfangs etwas ausgeblendet. Ich wollte erst mal zeigen, dass man auch mit nur 100 oder 200 Leuten eine Rakete bauen kann. Eine Lehre aus SpaceX ist für mich: Man entscheidet, wir machen das jetzt so, und dann macht man es. Und lässt sich nicht von Leuten aufhalten, die sagen, das klappt doch nie. © ZEIT ONLINE Newsletter ZEIT Geldkurs Tschüss, Finanzchaos: In acht Wochen erklären wir Schritt für Schritt, wie Sie bessere Geldroutinen aufbauen und das mit den ETFs endlich angehen. Anschließend erhalten Sie unseren Geld-Newsletter mit den besten Artikeln rund um Finanzen. Registrieren Mit Ihrer Registrierung nehmen Sie die Datenschutzerklärung zur Kenntnis. Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt. Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement. 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Dieses Existenzielle, wenn man keine Milliarde hat. ZEIT: Bei Musk gab es kein Geschäftsmodell. Königsmann: Es ging bei SpaceX nicht ums Geldverdienen. Wir wollten zum Mars. Gut, und wir brauchen Geld, um dahin zu kommen. Geld war dann eher die Motivation bei Elons Satellitenprojekt Starlink. ZEIT: Nehmen Sie uns doch mal mit in die Zeit, als alles anfing. Königsmann: Elon kam bei mir zu Hause vorbei. Meine Eltern waren gerade zu Besuch, den beiden hab ich gesagt, geht doch mal schön ins Kino. Dann haben Elon und ich geredet, über Gott, die Welt und ein paar Raketen. Bald danach fing ich bei SpaceX an, arbeitete zu Hause, wir hatten ja kein Büro, haben uns in Hotels getroffen. Wir waren nur vier Leute mit einer Kreditkarte. Meine Themen waren Elektronik, Software, Regelung und Flugsicherheit. Nun musste ich Leute suchen, die das können. Vielen Kandidaten war es zu riskant, in eine neue Firma einzusteigen. Dabei hatten wir einen Haufen Geld, Elon hat sein halbes Privatvermögen da reingesteckt. Wir hätten vier oder fünf Jahre gebraucht, um das alles zu verblasen. ZEIT: Reden wir über 100 Millionen Dollar? Königsmann: Damals unter 100, inflationsbereinigt wären das heute vielleicht 250 Millionen. Schon genügend Geld, um eine Rakete zu bauen. Keine große, aber für eine kleine reichte es. Und das war unser Plan. Wir hatten genügend Vertrauen in den Markt, dass wir dann schon noch Geld mit Satellitenstarts reinkriegen würden. Elon hat ein paar Züge, die für mich total Sinn machen: SpaceX ist eine Ingenieursfirma. Keine Anwälte, die einem sagen, was man machen soll, keine Personalabteilung, die mir erzählt, was ich zu lassen habe. ZEIT: Aber Hindernisse gab es genug. Eine Basis bei Los Angeles, von der Sie die erste Rakete starten wollten, verweigerte die Erlaubnis. Schließlich, 2006, fanden Sie eine alte Armeebasis auf den Marshallinseln im Pazifik. Königsmann: Wir riefen einfach da an und fragten, ob wir dort starten könnten. Und die haben gesagt, ja, klar, kein Problem. Dann bin ich mit zwei Kollegen hingeflogen, um sie anzusehen. Wir haben schließlich eine der Inseln bekommen. ZEIT: Omelek, eine kleine Insel im Kwajalein-Atoll mit ein paar Palmen drauf. Königsmann: Wir sind hingefahren, haben einen Startplatz konstruiert und die Falcon 1 zusammengebaut. Es war logistisch ein Albtraum.