Deal mit Trump: Wird die Ukraine jetzt der 51. Bundesstaat der USA?

Der Rohstoff-Deal ist ein Tritt gegen Putins Schienbein und schickt die EU ins Abseits. Offen ist allerdings, ob sich beide Seiten an den Vertrag halten. Die USA und die Ukraine haben am Mittwoch ein „Abkommen zur Einrichtung des US-Ukraine-Wiederaufbau-Investitionsfonds“ unterzeichnet. Das teilt das US-Finanzministerium mit. In der Erklärung heißt es: „In Anerkennung der bedeutenden finanziellen und materiellen Unterstützung, die die US-Bevölkerung bei der Verteidigung der Ukraine seit der umfassenden russischen Invasion geleistet hat, ermöglicht diese Wirtschaftspartnerschaft unseren beiden Ländern eine Zusammenarbeit und gemeinsame Investitionen, um sicherzustellen, dass unsere gemeinsamen Vermögenswerte, Talente und Fähigkeiten die wirtschaftliche Erholung der Ukraine beschleunigen.“ Das US-Finanzministerium und die Internationale Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft (DFC) der USA würden „mit der ukrainischen Regierung zusammenarbeiten, um die Programmsteuerung zu finalisieren und diese wichtige Partnerschaft voranzutreiben“. Russland reagiert säuerlich In einem Factsheet der ukrainischen Regierung heißt es, der Fonds ermögliche die Finanzierung wichtiger Projekte zur Erschließung natürlicher Ressourcen und fördere gleichzeitig „Innovation, technologische Entwicklung und Wiederaufbau“. Die Vereinigten Staaten würden die Ukraine dabei „unterstützen, sowohl private als auch öffentliche Investoren für den Wiederaufbau des Landes zu gewinnen – darunter internationale Fonds, Unternehmen und die Regierungen, die die Ukraine während des umfassenden Krieges stets unterstützt haben“. Russland hat auf den Deal sichtlich verärgert reagiert: US-Präsident Donald Trump habe Kiew dazu gedrängt, Bodenschätze für die Finanzierung der Militärhilfe zu verwenden, sagte der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew: „Nun muss das Land, das kurz vor dem Untergang steht, seinen nationalen Reichtum für die Finanzierung der Militärlieferungen einsetzen“, schrieb er auf Telegram. Kampfansage mit neuer Sanktionsdrohung US-Finanzminister Scott Bessent hatte in seinem Statement zum Abkommen eine harsche Ansage an die Russen gemacht: „Kein Staat und keine Person, die die russische Kriegsmaschinerie finanziert oder beliefert hat, wird vom Wiederaufbau der Ukraine profitieren dürfen.“ Untermauert wurde die Aussagen von einer Kampfansage eines der wichtigsten Verbündeten von Präsident Donald Trump: Der republikanische Senator Lindsey Graham sagte, er habe die Unterstützung von 72 Kollegen für einen Gesetzentwurf, der „knochenbrechende“ neue Sanktionen gegen Russland und Zölle auf Länder vorsieht, die Russlands Öl, Gas und andere wichtige Produkte kaufen, falls Wladimir Putin nicht ernsthafte Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges aufnimmt. „Ziel ist es, dem Präsidenten zu helfen“, sagte Lindsey Graham, ein Republikaner aus South Carolina, am Mittwoch laut Bloomberg. Die Strafen würden einen 500-prozentigen Zoll auf Importe aus Ländern umfassen, die russisches Öl, Erdölprodukte, Erdgas oder Uran kaufen, wie aus einem Entwurf hervorgeht, der Bloomberg News vorliegt. Weitere Sanktionen würden US-Bürgern laut Entwurf auch den Kauf russischer Staatsanleihen verbieten. Militärhilfe plötzlich wieder möglich Der Rohstoff-Deal enthält darüber hinaus vor allem einen zentralen Punkt, der Moskau nicht gefallen kann: Militärhilfen an die Ukraine werden als US-Investments in den Fonds angerechnet. Damit hat Trump einen Hebel, die Ukraine weiter zu unterstützen. Auch die langfristige Lieferung von Geheimdienstaufklärung von feindlichen Zielen kann als Sachleistung eingebracht werden. Damit könnten die Europäer den Krieg auch ohne offizielle US-Unterstützung fortsetzen. Ein weiterer Punkt des Abkommens besteht im Zugriff auf alle neuen Öl- und Gas-Projekte. 50 Prozent der künftigen Erlöse aus neuen Öl – und Gas-Projekten wollen die Amerikaner einstreichen. Diese dürften vorrangig mit dem Deal gemeint sein. Denn die Ausbeutung von Rohstoffen wird mehrere Jahre dauern, wenn sich diese denn überhaupt ausreichend finden lassen. Jens Gutzmer, Direktor am Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcentechnologie, sagte dem Schweizer SRF, der Investitionsfonds solle die Rohstoffvorkommen überhaupt erst einmal erfassen. Bei Eisenerz oder Mangan lasse sich relativ gut abschätzen, welche Reserven es im Land gebe, erklärt Gutzmer. Bei den begehrten Seltenen Erden oder Lithium brauche es aber Erkundungen, die fünf bis zehn Jahre beanspruchen könnten. „Erst dann weiß man, ob man eine abbauwürdige Lagerstätte hat.“ Interesse an Landwirtschaft Ebenfalls interessant ist die Möglichkeit von US-Konzernen, auf den ukrainischen Landwirtschaftssektor zugreifen zu können. Weite Teile der Agrarkonzerne in der Ukraine befinden sich bereits heute unter der Kontrolle von US-Unternehmen, unter anderem dem Vermögensverwalter BlackRock. Die Lebensmittel-Dominanz ist ein wichtiger Faktor im Kampf der USA gegen China. Sollte das Abkommen wirklich mit Leben erfüllt werden, dann dürfte die EU der eigentliche Verlierer sein. Nicht nur müssten die Europäer dann die US-Investitionen in der Ukraine militärisch schützen. Sie würden sich – etwa bei Erdgas und Flüssigerdgas – plötzlich einem russisch-amerikanischen Kartell gegenübersehen. Im Wortlaut des Abkommens steht darüber hinaus an einer etwas versteckten Stelle im Artikel 8, dass die USA jetzt ein indirektes Mitspracherecht an einem EU-Beitritt der Ukraine erworben haben. Außerdem sollen Beiträge und Investments in den Fonds in den USA und der Ukraine steuer- und zollfrei bleiben. Steueroase und Freihandel Der Fonds würde demnach gleichzeitig eine Steueroase und eine Freihandelszone mitten in Europa schaffen – das ist vor allem für die öffentlichen Haushalte und die europäische Agrarindustrie alles andere als erfreulich. Die Anbindung an die DFC dürfte nach einer erst vor wenigen Wochen erfolgten Reform der DFC-Arbeitsweise zur Folge haben, dass die EU nicht mehr zum Zug kommt, wenn es um die Rohstoffe der EU geht: Der DFC sieht nun als Vorstufe eines geplanten „US Sovereign Wealth Fund“ Staatsgarantien für Wechselkursrisiken vor, mit denen die EU oder Großbritannien nicht mithalten können. Eine demokratische Mitwirkung der Ukrainer bei der Verwendung ihres Tafelsilbers ist nicht vorgesehen. Die Rada muss das Abkommen lediglich „ratifizieren“, wie es in dem Abkommen heißt.