Alois Rainer: Will der neue Agrarminister eine andere Fleischpolitik?

„Leberkäs‘ statt Tofu“, lautete die Botschaft von CSU-Chef Markus Söder, als er die Personalie Alois Rainer bekanntgab. Der gelernte Metzgermeister und CSU-Bundestagsabgeordnete soll neuer Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft werden. Rainer sei „der perfekte Kandidat“, mit dem Thema Ernährung kenne er sich aus“, begründete Söder seinen Personalvorschlag. „Eine ausgewogene Ernährung ist wichtig“, sagte der designierte Landwirtschaftsminister gegenüber der „Bild“-Zeitung. Das gelte „insbesondere in Kindergärten und Schulen“. Rainer beschrieb damit, was politischer und wissenschaftlicher Konsens ist. Doch dann wird er mit einer Bemerkung zitiert, welche die „Bild“ als Indiz dafür wertete, der „schwarze Metzger“, wie Söder seinen Kandidaten titulierte, plane eine Kehrtwende in der Fleischpolitik. Obst und Gemüse sollten „genauso wie Fleisch und vegetarische Gerichte“ auf den Speiseplänen von Kitas und Schulen stehen, hat Rainer dem Bericht zufolge gesagt. Weiter heißt es dort, ihm sei „qualitativ hochwertige Ernährung ein wichtiges Anliegen“. Man könnte die Äußerung dahingehend verstehen, dass die sechs Millionen Kinder und Jugendlichen, die in Kitas und Schulen an der Gemeinschaftsverpflegung teilnehmen, künftig mehr Fleisch auf den Teller bekommen sollten. Tier- und Umweltschutzorganisationen übten jedenfalls umgehend Kritik an Rainers Bemerkung zum Essensangebot in Kitas und Schulen. „Eine kleine Menge Fleisch“ Ernährungswissenschaftler und andere Fachleute empfehlen, mehr Gerichte mit Gemüse und Getreide anzubieten. Die „Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung“, die gemeinsam von Bund und Ländern eingerichtet wurden, um Fragen von Kitas und Schulen zur Gemeinschaftsverpflegung zu beantworten, raten dazu, am Mittagstisch Gemüse als Hauptkomponente einzuplanen. Fleisch sollte auf maximal eine Mahlzeit in der Woche reduziert werden. Dafür sollten vermehrt Hülsenfrüchte wie Linsen und Erbsen und Milchprodukte auf dem Speiseplan stehen. Die Beratungsstellen folgen damit den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). In den Qualitätsstandards der DGE für die Verpflegung in Kitas von 2023 heißt es, „eine kleine Menge Fleisch“ könne die Auswahl pflanzlicher Lebensmittel als Teil einer gesundheitsfördernden und nachhaltigen Verpflegung ergänzen und so die Versorgung mit lebenswichtigen Nährstoffen erleichtern. Wenn Fleisch, sollte bevorzugt Geflügel angeboten werden. Es gibt aber auch Kritik and den DGE-Empfehlungen, etwa deswegen, weil gesundheitliche Aspekte mit Argumenten des Klima- und Umweltschutzes vermengt würden. Gemessen an den DGE-Standards essen die meisten Kinder und Jugendliche hierzulande „deutlich“ zu viel Fleisch und Wurst und zu wenig Obst und Gemüse, heißt es in dem Kita-Leitfaden der Fachgesellschaft. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts, die in den Leitfaden zitiert wird, beruht allerdings auf einer Befragung von Kindern und Jugendlichen in den Jahren 2015 bis 2017. Besonders hoch ist der Konsum von Fleisch und Wurst demnach bei Jungen: 56 Prozent der 6- bis-11-jährigen Jungen und 61 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jungen essen mehr als das 1,5-fache der empfohlenen Menge an Fleisch- und Wurst. Je nach Alter und Geschlecht sollten es der Studie zufolge nicht mehr als 35 bis 70 Gramm sein. Zum Vergleich: eine Scheibe Wurst wiegt ungefähr 20 Gramm. Auch die Kita- und Schulverpflegung ist oft zu fleischlastig, wenn die Qualitätsstandards der DGE zugrunde gelegt werden. Nur 21 Prozent der Kitaträger und ein Drittel der Schulträger setzen die Standards vollständig um. Teilweise befolgt würden die Empfehlungen von 12 Prozent der Kitaträger und 14 Prozent der Schulträger. Auch Verbraucherzentralen, die das Speiseangebot in Kitas untersuchten, kritisieren, das Angebot sei oft unausgewogen. In mehr als der Hälfte (55,6 Prozent) der untersuchten niedersächsischen Kitas stand Fleisch an zwei bis fünf Tagen und damit deutlich zu häufig auf dem Speiseplan. Den täglichen Bedarf an Gemüse deckten kaum 43 Prozent der Kitas. Ähnliche Ergebnisse förderte die hessische Verbraucherzentrale zutage, die vergangenen Herbst Kita-Speisepläne geprüft hatte. Demnach kommt Fleisch zwei- bis dreimal pro Woche, manchmal sogar täglich auf den Mittagstisch.