Ukraine-Krieg: Russlands Armee sei „ein reiner Witz“, sagt der chinesische Soldat

Der 29-Jährige, den CNN „Michael“ nennt, was nicht seinem echten Namen entspreche, will 2023 auf der App Douyin, der chinesischen Version der Social-Media-Plattform TikTok, Werbefilme der russischen Armee gesehen haben. Diese Clips hätten ihn, der zuvor in der chinesischen Armee gedient habe, auf die Idee gebracht, sich der russischen Armee anzuschließen. CNN zeigt in dem Beitrag russische Propagandavideos, in denen auf Mandarin um ausländische Rekruten geworben wird. Seine Motivation sei gewesen, einen „Geschmack des militärischen Lebens im Ausland“ zu erhalten: Ein chinesischer Staatsbürger, der in der Ukraine für Russland gekämpft haben soll, hat dem amerikanischen Sender CNN von seinen Erfahrungen berichtet. Und die waren offenbar in weiten Teilen ernüchternd. CNN sprach mit mehreren Chinesen, laut eigenen Angaben konnte der Sender teilweise Pässe und Verträge einsehen. Nach eigenen Angaben kam Michael Ende 2023 mit einem Touristenvisum nach Moskau. Nachdem er wegen fehlender Russischkenntnisse zunächst vom Militär abgelehnt worden sei, habe er sich den Wagner-Söldnern angeschlossen. Nach einem Einsatz in der Donbass-Region habe er im Mai 2024 schließlich einen Einjahres-Vertrag mit den regulären russischen Streitkräften unterzeichnet und sei in die lange umkämpfte Stadt Bachmut geschickt worden. Bachmut war der Schauplatz der größten, verlustreichsten Schlacht dieses Krieges. WELT-Chefreporter Ibrahim Naber erzählt die Geschichte dreier ukrainischer Soldaten, die er an der Stadtfront kennenlernt. Er begleitet sie auf Missionen, trifft ihre Freunde und Familien. Nur einer der Soldaten überlebt. Im Zentrum der Doku steht die Frage, welchen Preis die Ukraine im Kampf für ihre Freiheit zahlt. Die inzwischen von Russland eroberte und völlig zerstörte Stadt in der Ost-Ukraine wurde wegen hoher Verluste auf beiden Seiten als tödlicher „Fleischwolf“ bekannt. Auch Michael hat dort offenbar brutale Erfahrungen gemacht. Heute sei er überzeugt, die Entscheidung, nach Russland und von dort weiter in die Ukraine zu gehen, sei ein „Fehler“ gewesen. Allerdings nicht nur wegen der Fronterfahrung an sich: „Das zweitbeste Militär der Welt ist ein reiner Witz“, sagt er über die russische Armee. Die individuelle Kampffähigkeit sei zwar stärker als in der chinesischen Volksbefreiungsarmee. Aber die Ausrüstung sei schlecht, die Logistik nicht effizient, zudem werde man schlecht behandelt und es gebe „ernsthafte Korruption“. Wegen eines Disputs mit seinem Kommandeur sei er für drei Wochen in eine vergitterte Grube gesperrt worden, in der er kaum ausreichend Platz zum Stehen gehabt habe. An der Front sei er zudem verwundet worden, derzeit erhole er sich von seinen Verletzungen. „Ich muss mich mit ein paar Wahrheiten zu Wort melden und irrationale Chinesen warnen: Kommt nicht hierher.“ Für die meisten Chinesen sei Geld die Motivation, sagt Michael Die Entscheidung, für Russland in den Krieg zu ziehen, habe keinen politischen Hintergrund gehabt, er habe schlicht kämpfen wollen – „Ich bin einfach Soldat“, wird Michael zitiert. Für die meisten Chinesen sei vor allem das Geld ein Grund für die Kriegsbeteiligung. Er habe einen Vertrag über 200.000 Rubel im Monat erhalten (rund 2150 Euro). Für bestimmte Leistungen seien zudem Boni vereinbart gewesen. So habe er für jeden an der Front vorgestoßenen Kilometer weitere 50.000 Rubel bekommen (rund 540 Euro). Er selbst und viele andere Chinesen in Moskaus Reihen gehörten in ihrer Heimat gesellschaftlich zum „unteren Ende des Spektrums“. Aus Russland hatte es zunächst geheißen, die Aussage, chinesische Staatsbürger kämpften auf russischer Seite, seien eine „völlige Unwahrheit“. Inzwischen hat Kiew mehrere gefangengenommene Chinesen öffentlich vorgeführt und behauptet, mehr als 150 chinesische Staatsbürger seien auf russischer Seite im Einsatz. CNN sprach auch mit Chinesen, die aufseiten der Ukraine kämpfen.