Vorlesen 0:00 0:00 News folgen Artikel teilen Der Meeresspiegelanstieg lässt Strände weltweit verschwinden, auch in Deutschland und Europa sind die Auswirkungen bereits spürbar. Es ist weit mehr als ein Luxusproblem. Als Kind kamen mir Strände unendlich vor. Manchmal schien mir das Meer so weit weg. Ich erinnere mich an einen Urlaub an der Costa Brava im Nordosten Spaniens. Auf dem langen Weg ins Wasser hatte ich mir damals die Fußsohlen im heißen Sand verbrannt. Als ich in diesem Frühling die spanische Ostküste entlangfuhr, fragte ich mich jedoch: Wie weit werden die Strände jetzt sein? Ich beschäftige mich seit Jahren mit der Klimakrise und weiß: Der Meeresspiegel steigt und lässt Strände erodieren und an Breite und Länge verlieren. Wie akut die Situation in vielen Regionen schon ist, war mir aber nicht klar. Seit Beginn der Industrialisierung ist der Meeresspiegel bereits um 20 Zentimeter gestiegen. Ein Zentimeter mehr Wasser bedeutet im schlimmsten Fall bis zu zwei Meter Strandverlust. Einer Studie von 2020 zufolge, die im renommierten Wissenschaftsjournal "Nature Climate Change" erschienen ist, könnte die Erderhitzung dazu führen, dass bis zum Ende des Jahrhunderts fast die Hälfte der weltweiten Sandstrände verschwindet. Mit der Küste verschwinden einzigartige Lebensräume Für viele Menschen gehören Strände zu den wirklich schönen Orten im Leben. Angesichts dessen, welche Folgen der menschengemachte Klimawandel noch haben wird, wäre es leicht, das Verschwinden der Strände als Luxusproblem abzutun. Doch mit den Stränden geht noch viel mehr verloren. In vielen Regionen, etwa an der Ostsee oder in Spanien, sind sie ein entscheidender Wirtschaftsfaktor, an dem nicht wenige Arbeitsplätze hängen. Und nicht nur das. Mit der Küste verschwinden auch einzigartige Lebensräume. Küstennahe Ökosysteme wie Seegraswiesen, Korallenriffe und Mangroven spielen weltweit eine wichtige Rolle beim Schutz des Festlandes vor Extremwetterereignissen. Sie leiden aber immer stärker unter den Folgen der Erderhitzung. Auch das norddeutsche Wattenmeer, UNESCO-Weltnaturerbe, ist vom Meeresspiegelanstieg bedroht. Dort leben rund 10.000 Arten, einzellige Organismen, Pflanzen und Pilze, und Tiere wie Würmer und Muscheln, Fische, Vögel und Säugetiere. Eine Zeit lang kann der Anstieg des Meeresspiegels kompensiert werden. Weil dadurch das Wasser auch länger im Wattenmeer steht, können sich mehr Sedimente absetzen, das Watt wächst in die Höhe. Steigt der Meeresspiegel weiter, werden die Wattflächen irgendwann jedoch durchgehend überspült sein und damit auch der Lebensraum vieler Arten. Zur Person Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise, sodass jede und jeder sie verstehen kann. Etwa in ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei t-online. Für ihre Arbeit wurde sie 2022 vom "Medium Magazin" zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt. Strände gelten als Schutz für Städte 15 Prozent der Weltbevölkerung leben nur wenige Kilometer von einer Küste entfernt. Strände sind jedoch für die dahinter liegenden Städte der bestmögliche Schutz vor Stürmen. Dass viele Gebäude in den vergangenen Jahrzehnten sehr nah am Ufer gebaut wurden, erweist sich heute als massives Problem. Die schwachen Gezeiten im Mittelmeer haben vielerorts dazu verleitet, dort zu bauen, wo früher einmal Dünen waren. Diese sind aber wichtig, damit Sandstrände sich auf natürliche Weise regenerieren können. Sie liefern Nachschub an Sand, wenn Hochwasser und Stürme dafür sorgen, dass das Wasser steigt.