Eine gefühlte Ewigkeit. So wirkt die stürmische Zeit seit dem 20. Januar, als Donald Trump zum zweiten Mal als Präsident vereidigt wurde. Und doch sind seitdem erst 100 Tage vergangen. 100 Tage, in denen die Umfragewerte des Mannes, der sich schon mal als den „großartigsten Präsidenten aller Zeiten“ bezeichnet, stetig gesunken sind. Ein Grund zum Aufatmen? Nicht im Geringsten. Denn bereits jetzt hat Trump irreparablen Schaden angerichtet. Die amerikanischen Institutionen seien stark, sie würden Trump an der Umsetzung vieler Vorhaben hindern. Beschwichtigende Worte wie diese waren nach seiner Wiederwahl vielfach zu hören. Anja Wehler-Schöck Die Autorin ist Mitglied der Chefredaktion des Tagesspiegels. Während der ersten Amtszeit Donald Trumps arbeitete sie in Washington, DC. Sie sagt: Die Institutionen der USA sind nur so stark wie der politische Wille, sie zu schützen. Doch schon in den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit ist es Trump gelungen, erhebliche Zweifel daran zu säen. Denn er zeigt, was alles möglich ist, wenn der Präsident sich nicht mehr an die Regeln hält. Empfohlener redaktioneller Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden. Externen Inhalt anzeigen Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können. Die Zwischenwahlen im November 2026 werden die politische Wende und mit ihr neue Mehrheitsverhältnisse im Kongress zu Ungunsten Trumps bringen, beeilen sich die Beschwichtiger bereits zu sagen. Doch welche Tragweite haben Wahlen, wenn der Präsident sich über Kongressbeschlüsse hinwegsetzt, sich selbst über dem Gesetz sieht? Und wenn Abgeordnete aus Angst keine abweichende Meinung mehr äußern? Die staatlichen Institutionen sind immer nur so stark wie der politische Wille, sie zu schützen. Hierin liegt der eklatanteste Unterschied zu Trumps erster Amtszeit. Bewegte sich seine Politik damals noch weitgehend innerhalb des institutionellen Rahmens der USA, zielt sie heute auf dessen Zerstörung. Statt der kritischen Stimmen innerhalb der Administration, die Trump damals immer wieder zurückpfiffen, umgibt sich der Präsident heute fast ausschließlich mit Menschen, die ihn in seinem Kurs bestärken. „Ich habe die Meinungsfreiheit zurückgebracht!“ Diese Äußerung Trumps kann man nur als zynisch empfinden. Denn auch über sein Umfeld hinaus sind viele Kritiker verstummt. Der Präsident hat seine Drohung wahrgemacht, Vergeltung zu üben. Mit politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Erpressung geht er gegen alle vor, die sich bei der Umsetzung seiner illiberalen Agenda als Hindernis entpuppen könnten. Universitäten, Thinktanks, Medien, Anwaltskanzleien. Ein Tattoo der anderen Art zur Erinnerung an 100 Tage MAGA 2.0 © AFP/JEFF KOWALSKY Auch vor Abgeordneten der eigenen Partei macht er dabei nicht halt. „Wir haben alle Angst“, klagte Lisa Murkowski, Senatorin aus Alaska, vor kurzem. Andere berichten hinter vorgehaltener Hand: Sei einem früher nur mit dem politischen Aus gedroht worden, gehe es heute um die Sicherheit der eigenen Familien. Angesichts der Freilassung der Straftäter des Kapitol-Sturms vom 6. Januar 2021 wirkt diese Sorge kaum paranoid. Und Trump lässt keinen Zweifel. Wer widerspricht, wird bestraft. Zum Beispiel durch den Entzug von Polizeischutz, etwa für seinen ehemaligen Außenminister Mike Pompeo oder Trumps früheren Sicherheitsberater John Bolton – obwohl die Sicherheitsbehörden vor deren akuter Gefährdung durch den Iran warnen. Um das noch zu toppen, lässt Trump den Schritt sogar öffentlich kommunizieren. Unabhängig davon, wie sich Trumps Amtszeit weiterentwickelt: Der Kurs der ersten 100 Tage wird tiefgreifende Folgen haben. Der Trump’sche Kahlschlag in Bereichen wie Gesundheit, Forschung, Bildung, Verbraucherschutz und Entwicklungshilfe wird langfristige Auswirkungen zeigen, von denen viele heute noch gar nicht abzusehen sind. Auch eine künftige Regierung, die sich den Werten und Institutionen der USA verpflichtet sieht, wird die Zerschlagung von Strukturen und den Wissensverlust nicht zurückdrehen können. Den schwersten Schaden hat jedoch das Vertrauen der Menschen erlitten. In die Demokratie, den Rechtsstaat, die gemeinsame Wertebasis der Amerikaner. Wenn die Bürger den staatlichen Institutionen nicht mehr vertrauen, ist deren Zerstörung vollbracht. Die Feinde der USA werden sich in den vergangenen Wochen verwundert die Augen gerieben haben. Chapeau, hört man sie förmlich sagen, das hätten wir nicht besser gekonnt.